"Philosophische Wissenschaftstheoretiker wie Popper in der Logik der Forschung und danach offenbar seine Schüler plädieren für eine Universalwissenschaft und nehmen die Beziehungen und die Unterschiede zwischen den drei großen Wissenschaftsbereichen, die sich bisher herausgebildet haben, den physikalischen, biologischen und Menschenwissenschaften, nicht zur Kenntnis. Hier wird demonstriert, warum es angezeigt ist, eine Theorie von den Wissenschaften im Plural an die Stelle einer Theorie von der Wissenschaft im Singular zu setzen. Gemeinsam ist den Wissenschaften vor allem ihre Funktion, die Aufgabe der geplanten Ausweitung des menschlichen Wissensfundus, der überprüfbaren Entdeckung von zuvor unbekannten Aspekten der Welt und so der Verbesserung der menschlichen Orientierung. Die wissenschaftlichen Methoden sind Mittel zu diesem Zweck. Ihm entsprechend verwenden die existierenden Wissenschaften nicht eine, sondern mehrere Methoden, zum Teil in Zusammenhang mit der Verschiedenheit ihres jeweiligen Gegenstandsgebietes; dies wird von der Popperschule übersehen, weil sich Nominalisten nicht erlauben können, von den Gegenständen her zu denken. Als Beispiele der faktisch beobachtbaren Weiterbildung wissenschaftlicher Forschungsweisen wird auf Prozeß- und Konfigurationsmodelle (auf der menschenwissenschaftlichen Ebene: Figurationsmodelle) hingewiesen, die heute neben Gesetzen als theoretische Instrumente in vielen Wissenschaften eine zentrale Rolle spielen, ohne bisher wissenschaftstheoretisch beachtet und begrifflich standardisiert zu sein." (Autorenreferat)

Quelle: SOLIS (c) IZ Sozialwissenschaften, Bonn