Die vorliegende Arbeit ist eine soziologische Interpretation sozialen Wandels in Deutschland zwischen 1870 und 1970. Anhand einer reichhaltigen Dokumentation aus deutschen Anstands- und Manierenbüchern werden in einer Inhaltsanalyse des sich wandelnden Normen- und Sanktionensspektrums jenseits der kodierten Rechtsnormen die Veränderungen von Verhaltensstandarden und der jeweiligen Sanktionsmuster herausgearbeitet. Die Entwicklungsstrukturen der Verhaltensstandarde, die das soziale Verhalten zwischen betroffenen Individuen innerhalb ihrer dynamischen Figurationen bestimmen, werden für jeden von sechs Beziehungstypen, die als Realtypen sozialer Beziehungen definiert sind, bestimmt; diese Typen sind die Beziehungen der Individuen zu sich selbst, zwischen älteren und jüngeren Individuen, zwischen den Geschlechtern, zwischen höher- und niedrigerstehenden, zwischen einander näher- oder fernerstehenden Individuen und zwischen mehr und weniger stigmatisierten Individuen. Verhaltensstandarde und ihre Funktionen, wie sie sich im Strukturgefüge sozialer Beziehungen entwickeln, werden als abhängig vom dynamischen Spektrum sozialer Machtquellen gesehen. (MB2)

Quelle: SOLIS (c) IZ Sozialwissenschaften, Bonn