"Kulturelle Integration und Akzeptanz von AusländerInnen in Linz"

  Dieser Text gehört zu einem Projekt des Instituts für Kulturwirtschaft und Kulturforschung der Johannes Kepler Universität Linz.


Inhaltsverzeichnis 

 

 

 

 

1. Einleitung

1

1.1. Ausgangssituation und Projektziele

1

1.2. Projektgrundlagen

2

1.3. Die einzelnen Projektteile

3

 

 

2. Interviews mit Organisationen, Vereinen und Initiativen

6

2.1. Aufgabenstellung

6

2.2. Befragte Vereine und Organisationen

6

 

 

3. Analysen multikultureller Veranstaltungen

13

3.1. Begründung und Beschreibung der Vorgangsweise

13

3.2. Darstellung der Veranstaltungen

15

3.3. Die Linzer Veranstaltungsbesucher im Überblick (lineare Deskription)

21

3.4. Signifikante Einflussgrößen (Tabellenanalysen)

27

3.4.1. Unterschiede nach dem Geschlecht

27

3.4.2. Unterschiede nach dem Alter

29

3.4.3. Unterschiede zwischen in- und ausländischen Veranstaltungsbesuchern

31

3.4.4. Unterschiede nach dem Bildungsniveau

33

3.4.5. Veranstaltungseffekte bei Besuchererwartungen und Besuchermotivation

38

3.4.6. Unterschiede nach "zufälligen" und "bewussten" Veranstaltungsbesuchern

47

3.4.7. Unterschiede nach Erfahrungen und Einstellungen zu Ausländern

49

3.4.8. Unterschiedliche Gesamtbewertungen verschiedener Regionen

53

3.4.9. Vermutete Veranstaltungseffekte bei Ausländerfragen

56

 

 

4. Beschreibung ausgewählter Wohnquartiere in Linz mit hohem Ausländeranteil (Stadtviertelanalysen)

59

4.1. Altstadtviertel

60

4.1.1. Ergebnisse der qualitativen Analyse

60

4.1.2. Ergebnisse der quantitativen Analyse

67

4.2. Alt-Urfahr

71

4.2.1. Ergebnisse der qualitativen Analyse

71

4.2.2. Ergebnisse der quantitativen Analyse

77

4.3. Neustadtviertel

81

4.3.1. Ergebnisse der qualitativen Analyse

81

4.3.2. Quantitative Ergebnisse

92

4.4. Kleinmünchen

106

4.4.1. Ergebnisse der qualitativen Analyse

106

4.4.2. Quantitative Ergebnisse

117

 

 

5. Ergebnisse der Hauptbefragung

123

5.1. Begründung und Vorgehensweise

123

5.1.1. Definition des Untersuchungszieles

123

5.1.2. Abgrenzung der Grundgesamtheit

123

5.1.3. Auswahl der zu erhebenden Daten

124

5.1.4. Angestrebte Genauigkeit

124

5.1.5. Festlegung der Meßmethode

125

5.1.6. Auswahlgrundlage

125

5.1.7. Probeerhebung

126

5.1.8. Vorbereitung der Auswertung der Erhebung

126

5.2. Überblick über wichtige Gesamtergebnisse (lineare Deskription)

127

5.2.1. Einleitung

127

5.2.2. Deskription der demographischen Daten

127

5.2.3. Vergleiche von Fragenstellungen

28

5.2.3. Deskription der Fragen in numerischer Reihenfolge

129

5.3. Unterschiede nach wichtigen sozialen Merkmalen

137

5.3.1. Geschlechtsspezifische Unterschiede

137

5.3.2. Alter als Faktor in der Beziehung zu AusländerInnen

143

5.3.2.1. Die Bedeutung des Alters für die Grundeinstellung gegenüber Fremden

143

5.3.2.1.1. Ethnische Vorurteile als Einstellungen

144

5.3.2.1.2. Ethnische Vorurteile als Ideologie

152

5.3.2.2. Einschätzung des AusländerInnen-Einflusses auf die österreichische Lebensweise

152

5.3.2.3 Assimilation und Integration nach Alter

155

5.3.2.3.1. Assimilationsdruck

156

5.3.2.3.2. Integrationswunsch

158

5.3.2.4. Alter und die Bereitschaft zu inter-ethnischen Beziehungen

160

5.3.2.5. Abbau von Vorurteilen, Förderungen der Kommunikation

162

5.3.2.6. Zusammenfassung

166

5.3.3. Unterschiede zwischen In- und Ausländern

167

5.3.4. Bildungs- und schichtspezifische Unterschiede

178

5.3.5. Berufsspezifische Unterschiede

181

5.3.6. Religionsspezifische Unterschiede

186

5.4. Komplexere Analysen

191

5.4.1. Assimilationsdruck versus Interkulturationswunsch (Indices)

191

5.4.2. Kontaktintensität zu Ausländern (Index:)

196

5.4.3. Nachbarschaft mit Ausländern

204

5.4.4. Ausländerfeindlichkeit (Index:)

206

5.4.5. Aspekte der politischen Orientierung

208

5.4.6. Der Einfluss der Medien

219

5.4.7. Arbeitserfahrungen mit Ausländern

226

5.4.8. Kulturregionen des Auslands

229

5.4.9. Stadtviertelübersicht und Vergleich zur Kontrollgruppe

231

5.4.10. Multivariate Analysen

235

5.4.10.1. Ergebnisse einer Faktorenanalyse

235

5.4.10.2. Ergebnisse von Regressionsanalysen

236

 

 

Anhang

241

Fragebogen zur Veranstaltungsbefragung

 

Codeplan zur Veranstaltungsbefragung

 

Fragebogen zur Hauptbefragung

 

Codeplan zur Hauptbefragung

 


 

Einleitung

 

Ausgangssituation und Projektziele

 

Die Situation rund um die Einwanderung verschiedener Ausländergruppen nach Österreich und ihr Leben im Gastland Osterreich ist durch wachsende Ausländerfeindlichkeit und verschiedene Integrationsprobleme für alle Betroffenen schwieriger geworden. Allgemein wird es jedoch als gesellschaftspolitisch bedeutsam angesehen, im neuen Europa mit allen damit zusammenhängenden Fragen positiv umzugehen, Vorurteile abzubauen, gegenseitige Akzeptanz und Toleranz zu fördern und durch Kommunikation und Begegnung eine multikulturelle Gesellschaft praktisch vorzubereiten. Während die multikulturelle Gesellschaft bereits zu einem öffentlichen Schlagwort geworden ist, bleiben Fragen und Probleme ihrer alltäglichen Voraussetzungen und Verwirklichung bisher zu wenig beachtet. Genau diese Dimension war ein zentraler Bestandteil unseres Projekts. Anhand der Alltagskultur des Lebens, des Wohnens und der Interaktionen in 'gemischten' Stadtteilen (Quartiere mit relativ hohem Ausländeranteil) in Linz sollte herausgearbeitet werden, welche praktischen Möglichkeiten der Verstärkung von gegenseitiger Akzeptanz und sozialer Integration bestehen.

 

Besondere Bedeutung wird dabei stets den Ausdrucks- und Teilnahmemöglichkeiten von Kultur und Kunst beigemessen. Über Kulturveranstaltungen und Begegnungsaktivitäten sollen Bewusstseins- und Verhaltensveränderungen erzielt werden, die bei In -und Ausländern Integration und Akzeptanz fördern. Sowohl verschiedene Vereine und Organisationen der Ausländer als auch verschiedene öffentliche Institutionen, Veranstalter und Gruppierungen von Inländern versuchen, Aktivitäten im Zusammenhang von Kultur und Ausländerintegration zu setzen. Gerade öffentliche Stellen haben angesichts wachsender Probleme begonnen, das Problem 'Ausländerfeindlichkeit multikulturelle Gesellschaft' verstärkt als kultur- und sozialpolitische Aufgabe zu definieren. Allerdings fehlte es bisher nicht nur in Linz an systematischen Bestandsaufnahmen und Wirkungsanalysen der immer zahlreicher werdenden Veranstaltungen und Initiativen. Auch hier sollte das Projekt helfen, einen Schritt weiter zu kommen: welche kulturellen Prozesse laufen tatsächlich rund um multikulturelle Aktivitäten ab, welche Einstellungen und Einschätzungen bringen Besucher und Teilnehmer mit, und welche Ansatzpunkte für längerfristigen Veränderungen zu mehr Akzeptanz, Toleranz und Integrationsbereitschaft sind tatsächlich feststellbar. Konkret sollte durch die Ergebnisse unseres Projektes ermittelt werden, wie in ausgewählten Linzer Stadtteilen In- und Ausländer miteinander leben, ob soziale Beziehungen und Kommunikation bestehen, wie sich organisierte Aktivitäten und Veranstaltungen vor Ort auswirken, mit welchen Bewusstsein, welchen Vorurteilen, welchen Zukunftsperspektiven die Menschen einander begegnen. Wichtig in diesem Zusammenhang sind die Einflüsse konkreter, alltäglicher Erfahrungen von In- und Ausländern miteinander. Abzuklären war ferner, inwieweit Integration erstrebt und erwünscht wird und mit welchen Zielen und Methoden verschiedene private und öffentliche Organisationen hier vorgehen.

Parallel zu den alltagsorientierten, die Situation in verschiedenen Stadtteilen konkret beschreibenden Forschungen sollten Erhebungen zu verschiedenen Veranstaltungen, die der Begegnung mit ausländischer Kultur und der Integration von Ausländern dienen sollten, Ansatzpunkte und Problemzonen einer ausländerorientierten und integrativen Kulturarbeit herausarbeiten. In Verbindung mit den Analysen zur Lebenssituation im Stadtbereich, den Erfahrungen, Meinungen und Einstellungen der Bevölkerung wurde von uns als generelles Projektziel die Klärung von Grundlagen einer alltagsnahen Kulturarbeit im Problemfeld " Ausländer" angestrebt.

 

Projektgrundlagen

 

Organisatorische Grundlage war ein dreisemestriges Hauptpraktikum aus empirischer Sozialforschung, an dem 18 Studierende der Soziologie an der Johannes Kepler Universität Linz zwischen dem Wintersemester 1991/92 und dem Wintersemester 1992/93 teilnahmen. Solche Praktika sind ein verpflichtender und wichtiger Teil der soziologischen Ausbildung. Unter der Leitung von Univ.-Doz. Dr. Ingo Mörth und mit Unterstützung von Heimo Flink als Lehrveranstaltungs-Tutor für Organisations- und Auswertungsfragen wurde das Projekt von den Studierenden entwickelt und durchgeführt. Das Thema entstand als Kompromiss einerseits aus der Motivation, sich mit der bereits 1991 immer drängender werdenden Ausländerproblematik und dem Meinungsklima der Bevölkerung dazu auseinander zu setzen, andererseits aus dem Wunsch, sich mit Fragen der stadtteilorientierten Kulturarbeit in Linz zu beschäftigen.

Ohne die Unterstützung des Kulturamtes der Stadt Linz und der Kulturabteilung des Landes Oberösterreich wäre der letztendlich angestrebte und realisierte Umfang der Erhebungen und Analysen nicht möglich gewesen. An dieser Stelle sei für die Bereitstellung finanzieller Mittel für die Durchführungskosten herzlich gedankt.

Das erste Semester diente der Themenabgrenzung, der Exploration zur Problematik von Ausländerkulturarbeit, der Definition der Arbeitsorganisation, die bei einem Lehrprojekt mit 18 Teilnehmenden aufwendiger war als erwartet, der Sicherstellung der o.a. zusätzlichen Mittel und der Herstellung der unerläßlichen themenzentrierten Motivation. Für die Mitwirkung an diesem Prozess sei Herrn Herwig Pöschl vom Internationalen Zentrum für Kultur und Management, der an der Zieldefinition und Projektplanung mitwirkte, sowie Frau Anna Thier vom Universitätslehrgang Kulturmanagement, die ihr Lehrgangsprojekt einer alltagsnahen Kulturaktion für und mit Ausländern in Wien vorstellte, herzlich gedankt.

Das zweite Semester war schwerpunktmäßig der theoretischen Grundlegung der Thematik, der Begehung und Beschreibung der vier ausgewählten Linzer Stadtviertel, dem Beginn der Begleitforschung zu einschlägigen Veranstaltungen sowie der Vorbereitung der repräsentativen Befragung in den vier auch qualitativ untersuchten Stadtvierteln gewidmet. Während des Sommers 1992 und zu Beginn den Wintersemesters 1992/93 wurde die Befragung durchgeführt und die Veranstaltungserhebung mit den Veranstaltungen der Linzer Begegnungstage abgeschlossen. Der mühevolle Prozess der Datenerfassung und Auswertung der Ergebnisse dauerte bis zum Semesterende; sodass die Darstellung der einzelnen Teilbereiche und Ergebnisse die Teilnehmenden bis in das Sommersemester 1993 beschäftigte.

Der hier vorliegende Endbericht hat daher den Charakter einer Erst- bzw. Rohfassung, die noch einer redaktionellen Bearbeitung, Straffung der Darstellung und der zusammenfassenden Heraushebung wesentlicher Ergebnisse bedarf.

 

Die einzelnen Projektteile

 

Literaturanalyse und Theorieüberblick

 

Das Problemfeld Ausländer, Ausländerfeindlichkeit, Migration, kulturelle Integration, multikulturelle Gesellschaft usw. ist bereits vielfältig theoretisch und empirisch behandelt worden. Ziel dieses Projektteils war ein gewisser Überblick über projektrelevante Ergebnisse in den Dimensionen: Ethnische Minderheiten, Sprachprobleme, Assimilationsprozesse, Migrationsbewegungen, Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Multiku1tura1ität. Die erarbeiteten Referate sind im Materialienteil dieses Endberichtes zusammengefasst. Für die weitere Arbeit am Thema waren folgende Aspekte bedeutsam:

 

Dokumentation und Analyse von in- und ausländischen Aktivitäten integrativer Kultur- und Sozialarbeit

 

In vielen Städten und Gemeinden gab und gibt es interessante Initiativen der Arbeit in unserem Problemfeld. Anhand von Erfahrungsberichten und Expertengesrächen sollten solche Erfahrungen und Konzepte erfasst und vergleichend dargestellt werden. Insbesondere eine Bestandsaufnahme ausländerorientierter Vereine und Organisationen in Linz sollte anhand von Erhebungen zu Geschichte, Erfahrungen, gegenwärtige Situation und Probleme sowie Zukunftsperspektiven weiterführende Informationen ergeben. Insbesondere war zu klären, welchen Stellenwert kulturelle Aktivitäten einerseits zur Bewahrung der jeweiligen kulturellen Identität, andererseits zur Förderung von Kommunikation und Integration haben. Als Methode dienten hier offene Interviews mit Verantwortlichen, die Analyse von schriftlichen Materialien und der Vergleich zu äquivalenten Organisationen und Initiativen im Ausland. Einige Ergebnisse sind unten im Abschnitt 2 dieses Endberichtes dargestellt.

 

Erfassung von und Publikumsbefragung bei einschlägigen Veranstaltungen in Linz

 

Innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (Mai -Oktober 1992) wurden möglichst viele multikulturell orientierten Veranstaltungen in Linz erfasst und in Art, Ablauf und Intention dokumentiert. Das Publikum wurde in standardisierter Form {Auflage eines Fragebogens, postalischer Rücklauf) zu Motiven des Besuchs, zur Bewertung der Veranstaltungen und zu bestimmten Hintergrundinformationen befragt. Ergebnisse sind in Abschnitt 3 dieses Endberichtes zu finden.

 

Beschreibung ausgewählter Wohnquartiere in Linz mit hohem Ausländeranteil

 

Anhand von Informationen zur Bevölkerungsstruktur und zur Stadtgeschichte wurden vier besonders interessante Stadtteile in Linz zu näheren Analyse ausgewählt. In den Vierteln Altstadt, Alt- Urfahr, Kleinmünchen und Neustadt wurde aus folgenden Punkten soll ein Gesamtbild des Alltagslebens im jeweiligen Stadtteil entstehen: Bau- und Siedlungsgeschichte, Dokumentation der Infrastruktur, demographische Entwicklung und Situation, Beschreibung der gegenwärtigen Öffentlichkeit: allgemeines Ambiente, Präsenz von Ausländern, Kommunikationsmöglichkeiten und Treffpunkte, alltägliches und veranstaltetes Kulturleben, Vereine und Organisationen. Als Methode dieses qualitativen Teiles unserer Forschungen dienten hier Beobachtung und Begehungen vor Ort, offene Interviews und die Analyse stadtgeschichtlicher und demographisch-statistischer Quellen.

Diese qualitativen Stadtviertelanalysen wurden ergänzt durch eine gesonderte Auswertung der Ergebnisse der Befragung der Bevölkerung für diese Stadtteile {siehe den folgenden Projektteil). Ergebnisse beider stadtviertelspezifischer Analysen sind in Abschnitt 4 dieses Endberichtes zu finden.

 

Ausländerfrage und Lebenssituation im Bewusstsein und Verhalten der Bevölkerung

 

Die Situation im Alltag der Stadtviertel und Rahmenbedingungen sowie mögliche Wirkungen von Veranstaltungen und Aktivitäten schienen nur vor dem Hintergrund der generellen Meinungs- und Bewusstseinslage erklärbar. Sowohl In- als auch Ausländer wurden dazu in den o.a. ausgewählten Stadtteilen standardisiert in mündlichen Interviews befragt. Repräsentativität sollte ein Quotenverfahren sicherstellen. Zusätzlich war es sinnvoll, eine "Inländerkontrollgruppe" vor allem aus Bereichen von Linz zu befragen, in denen der Ausländeranteil besonders gering war. Die Befragung sollte insbesondere folgende Fragen behandeln: Bisherige Erfahrungen und Kontakte mit Ausländern (bzw. Inländern), Einstellung zur kulturellen und sozialen Integration, Aspekte der Lebenssituation, allgemeines Kulturverhalten, politische Einschätzung der Ausländerfrage, Beurteilung des Stadtviertels. Globale Ergebnisse (d.h. alle Stadtviertel zusammenfassend) dieses Kernbereiches unseres Projektes sind in Abschnitt 5 zu finden.